Wir waren gestern bei Martin Rütters Live-Tour "nachSITZen". Ich muss sagen, das hat sich mega gelohnt. Man kann ja dem ein oder anderen Hundetrainer kritisch gegenüberstehen oder ihn einfach nicht mögen, aber der Martin hat uns in einigem bestätigt, viele Denkanstöße gegeben und ganz nebenbei noch einen schönen Abend bereitet.
Natürlich kann man bei so einer Tour nicht lernen, wie man einen Hund erzieht bzw. gut mit ihm zusammenlebt. Aber wir haben viel gelacht und einigen Input mit nach Hause genommen. (Steinigt mich, aber ich habe auch die Bücher von zum Beispiel Ceasar Millan gelesen und mir da einige Sachen quasi abgeguckt. Das ist allerdings ein ganz eigenes Thema, welches ich vielleicht später einmal näher betrachten werde...). Generell bin ich der Meinung, dass jeder selbst den besten Weg für sich und seinen Hund für ein angenehmes Zusammenleben finden muss und das es eben nicht nach DEM EINEN REZEPT funktioniert.
Lange Rede kurzer Sinn: Neben unheimlich vielen witzigen Episoden und Szenen, in denen man sich als Hundehalter leider auch das ein oder andere Mal wiedererkannt hat, gab es auch mehrere Punkte, die mir nicht mehr aus dem Kopf wollen.
Zum Thema Futter hatte Herr Rütter zu sagen, dass Hunde sich schon ernährt haben, bevor es die Futtermittelindustrie überhaupt gab. Das berücksichtigen wir hier übrigens schon sehr gut und barfen. ✓
Auch an der Sache mit der Konsequenz arbeiten wir hier ... mehr oder weniger erfolgreich ✓
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Ein Gedanke der mich wirklich immer noch schwer beschäftigt ist die Aussage: Wollt ihr wirklich glückliche Hunde sehen, dann schaut euch die Hunde der Obdachlosen an ... oder so ähnlich. ... UND DA HAT ER WOHL RECHT. Vor ein paar Tagen habe ich mich beim Gassigehen mit einer Bekannten unterhalten. Sie meinte, dass früher die Hunde einfach frei auf dem Hof liefen und auch nicht unglücklich waren oder abgehauen sind.
Was mich aber wirklich beschäftigt an der Sache, ist die Frage, sollten wir anstatt zur Hundeschule zu gehen und den Hunden Tricks beizubringen, sie über Hürden laufen zu lassen und mit ihnen immer wieder im Kreis zu rennen, ... es nicht einfach mal laufen lassen? Wir ziehen unseren Hunden Mäntel an, sind hier und da damit beschäftigt sie auszulasten (ja auch hier bei uns, denn Emma nervt abends sonst extrem) und putzen ihnen am Ende noch die Zähne. Ist das für eine glückliche Mensch-Hund-Beziehung wirklich nötig?
Ich meine vielleicht verlangt Emma auch nur so viel Aufmerksamkeit und Bewegung, weil sie es gewohnt ist so viel Aufmerksamkeit und Bewegung zu haben? Seitdem das Baby da ist und wir nicht mehr ganz so oft draußen unterwegs sind, ist sie schließlich auch damit zufrieden und liegt hier selig vorm Kamin, während ich das schlafende Baby bewache, mich um meinen Haushalt kümmere oder einfach am Rechner sitze. Jill ist in jedem Fall mit allem zufrieden, wenn sie in unserer Nähe sein kann.
Zur Zeit denke ich darüber nach, wieviele Babykurse (Pekip, Babyschwimmen, Kangal ...) für Johanna, unsere 5 Wochen alte Tochter, gut sind. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass sie gerade noch gar nichts braucht außer frische Luft, Kuschelstunden mit ihrer Mami und die Möglichkeit ihre Fähigkeiten (Köpfchen anheben, greifen ...) ein wenig selbst auszutesten. Bevor ich direkt angefangen habe, mich näher damit zu beschäftigen, hätte ich sofort behauptet, die Hunde machen mir die Bude zur Sau, wenn ich sie nicht auspower. Natürlich müssen sie beschäftigt werden (müssen sie das?) Vielleicht genügt es ihnen auch einfach nur sich selbst und uns zu haben. Deswegen habe ich ja zwei. Und nein, der Herr Rütter hat nicht gesagt, dass wir unsere Hunde nicht auslasten sollen/müssen.
Aber waren die Hofhunde früher zufriedener, weil sie nicht zum Dogdancing, Fährten suchen, Mobility, Agility etc. mussten? Wie haben sie gelernt all' das zu tun, was wir von ihnen wollen, ohne Hundeschule? Oder hat man einfach nicht so viel von ihnen verlangt? Natürlich kann nicht jeder seinem Hund einen Hof, Schafe zum hüten, Löwen zum Jagen ... bieten damit er Fährten suchen, Zusammentreiben und Jagen kann, wann immer er es will, aber übertreiben wir es vielleicht mit dem Versuch das auszugleichen?
Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Hunde gerne mal ein bisschen beschäftigt werden und ihre Gassirunden lieben. Aber wir haben jetzt angefangen zu Hause ein bisschen zu clickern ohne Kommandos. Das ist ganz witzig und die Hunde haben vielleicht wirklich Lust dazu ihr Köpfchen anzustrengen. Oder machen sie es einfach nur, weil es Futter dafür gibt? Andererseits, was ist schlecht daran, schließlich müssen Straßenhunde ihr Futter auch erarbeiten? ... und ich habe auch keine Lust dazu, dass die Damen ihre angestaute Energie am Ende an meinem Mobiliar rauslassen.
Vermenschlicht man die Hunde und fragt sich, ob es den Menschen zufrieden macht, einfach nur da zu sein ohne eine Aufgabe ... würde ich spontan behaupten NEIN ... obwohl es ja auch zufriedene Arbeitslose geben soll.
Ich zumindest drehe mich im Kreis und werde mir noch bisschen mein Köpfchen darüber zerbrechen ...
Übrigens ist mir noch eine Sache im Kopf geblieben und die möchte ich an alle Hundehalter weitergeben. Irgendwann im Alter hat jeder Hund das Recht auch ein bisschen wunderlich zu werden und man muss nicht mehr zwingend an ihnen rumerziehen ... ich finde generell vergessen viele, dass Hunde ein recht darauf haben alt zu werden und eben nicht mehr so gut auszusehen und zu funktionieren.
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Katharina Geier (Donnerstag, 12 Februar 2015 15:22)
Das ist sehr gut geschrieben! :)
Das sind genau die Sachen, über die ich mir auch immer wieder Gedanken mache