Wir lieben das Zusammenleben (manchmal harmonischer als das zwischenmenschliche) mit Hund und Kind. Nach einem Jahr mit Hund und Baby (und vielen, vielen Kindern im Haus), können wir sagen: es klappt. Die Fotos und Videos von spielenden Babys und Tieren sind natürlich super süß. Ganz naiv sollte man aber nicht an die Sache herangehen. Damit das auch so harmonisch bleibt, gibt es hier Regeln (Anmerkung der Redaktion, die sollen nur sensibilisieren, ich erhebe keinen Anspruch auf Vollständigkeit UND: ICH BIN KEIN HUNDETRAINER, hole bei Problemen immer einen dazu und würde das auch jedem so empfehlen - keine Experimente, erst recht nicht mit Kind):
1. Kind und Tier sind hier nie unbeaufsichtigt. Die verstehen sich hier alle gut, aber ich traue beiden Seiten nicht zu 100 % ... keinem ... ist einfach so. Die Hunde sind eben Hunde/Tiere und das Baby hat eh ständig irgendwelchen Mist im Kopf. Also bleiben beide (gilt auch für die Katze) nicht unbeaufsichtigt zusammen. Mag im ersten Moment einfach klingen, ist es aber in der Praxis nicht. Denn als Mama muss man auch mal zur Toilette, das Telefon klingelt und der Postmann steht vor der Tür ... wenn das Baby dann auf dem Teppich schläft und ich es gerne liegen lassen möchte, müssen die Hunde mit. Hier hat sich in der Praxis aber ergeben, dass es meist einfacher ist, das Baby mitzunehmen. Wacht es nämlich auf, sind die kleinen Finger schneller irgendwo, als ich "Unsinn" aussprechen kann. (nach nun 15 Monaten weichen wir diese Regeln etwas auf, aber nur deshalb, weil ich mich darauf verlassen kann, dass das Baby nicht an den Hundekorb geht oder die Hunde bedrängt und ich immer in der Nähe bin und höre ...)
2. Regeln sind für alle da. Natürlich hatte ich 9 Monate mehr Zeit, den Hunden die wichtigen Dinge beizubringen und ehrlich ... das ist auch einfacher, als dem Baby feste Regeln und Verbote klar zu machen. ABER: damit ein Zusammenleben möglich ist, müssen beide Seiten Rücksicht nehmen. Die Mini hat vom ersten Tag an gelernt die Hunde mit Respekt zu behandeln und die Hunde müssen wissen, dass das Baby eben etwas zerbrechlicher ist, als das Frauchen. ;) Das spiegelt sich dann in den folgenden Regeln wieder:
3. Der Rückzugsort ist unantastbar. Bedeutet in der Praxis: das Hundekörbchen und das Babybett sind für die jeweils andere Seite tabu. Denn wie genau soll der Hund dem Baby klar machen, dass er gerade nicht spielen möchte? Der natürliche Weg wäre über die Körpersprache des Hundes oder knurren (das versteht das Baby natürlich noch nicht, danach käme wohl ein Schnappen und das will keiner.)
4. Hier wird keiner zur Liebe gezwungen. Klingt jetzt vielleicht im ersten Moment komisch, ist aber in der Praxis leider oft zu sehen. Meine 10 jährige Hündin Jill ist zu 95 % der Zeit nicht interessiert am Baby ... sie findet es OK, respektiert es als Rudelmitglied, aber sie hat weder Interesse daran mit ihm zu spielen, noch daran zu kuscheln. Das müssen und können wir respektieren. Ich versuche weder das Baby ständig in ihre Nähe zu setzen, noch sie zum Baby zu bewegen. Sie kommt und schnufft mal daran oder legt sich - wie im Bild zu sehen - auch mal daneben, aber ansonsten ist sie eben nicht interessiert. Das muss ich respektieren. Und noch viel wichtiger, das muss auch das Baby reskpektieren. Auch wenn es noch so gerne spielen möchte und es dann eben keine Fotos für die Mami vom "Kampfhund mit Baby" gibt. Natürlich kann man versuchen mit Hilfe von Leckerlies den Hund an das Baby heranzuführen. Aber wir halten es hier für unheimlich wichtig ihre persönliche "Comfortzone" auch einzuhalten.
5. Entschleunigen. (Jeder Dobermannbesitzer wird jetzt in schallendes Lachen ausbrechen, aber es geht ... zumindest bis zu einem gewissen Grad) Das habe ich bei den Hunden schon während der Schwangerschaft geübt ... teilweise aus Zwang, weil ich immer dicker und unbeweglicher wurde, teilweise aus Weitsicht für die Zeit mit Baby ... in der Praxis hieß das: Leinenführigkeit, Leinenführigkeit und nochmals Leinenführigkeit (denn es ist nun mal kein Geschenk mit Kinderwagen oder Baby in der Trage auf dem Bauch hinter 75 Kilo Hund (zwei Dobermanndamen) hergezogen zu werden. Zusätzlich haben wir die Worte "Vorsicht" und "Warte" geübt ... (was den Hunden einfach etwas Schnelligkeit in ihren Bewegungen nehmen sollte), damit sie das Baby bei den Geh- und Stehversuchen nicht umwalzen. Ach und: es wird nicht hinter Dingen hergejagt, die sich schnell bewegen ... das macht sich spätestens jetzt bezahlt, wo das Baby ständig anfängt völlig unverhofft loszurennen ... gerne auch mal mit Lebensmitteln in der Hand.
6. Es wird nicht (mehr) gerangelt. Die 75 Kilo hab ich oben schon erwähnt. Dem hält kein Baby oder Kleinkind stand. Also haben wir körperliches Gerangel einfach abgestellt (ich kenne auch andere Familien, die im Haus darauf verzichten, wir lassen es komplett). Hier wird nicht mehr an irgendwelchen Dingen gezogen und gezerrt oder hochgesprungen. Wenn die Hunde etwas haben möchten, müssen sie sich absetzen und warten bis ich es ihnen gebe oder ein Kommando gebe, dass sie es sich holen dürfen.
7. Hunde/Tiere sind kein Spielzeug. Vielleicht gehört diese Regel von der Priorität weiter nach oben. Aber da sie erst umzusetzen ist, wenn das Baby schon etwas versteht - nun an Stelle Nummer 7: An Hunden wird nicht gezogen, nicht gerissen oder gezerrt. Man darf sie zu sich rufen (oder zu sich winken, wie es hier in der Praxis oft passiert), man darf sie streicheln (ei machen) und man darf (ja hier nehme ich gerne Kritik an, aber so ist es nun mal, ich bin auch nicht die Konsequenz in Person) auch ab und an mal sein essen mit ihnen teilen. Der Unterschied zu einem Kuscheltier muss dem Kind sehr deutlich gemacht werden. Das haben die Tiere hier super umgesetzt, sobald es ihnen zu grob wurde, haben sie sich verkrümelt. Bedeutet, will das Baby mit ihnen spielen, muss es vorsichtig sein. Als Eltern muss man den Tieren allerdings auch die Chance geben!!! sich zu verkrümeln.
8. Essen: diese Regel ist hier nicht so wichtig, weil sie schon immer umgesetzt wird, ABER hier sehe ich eine große Gefahr. Die Hunde müssen lernen, dass Essen nicht gestohlen wird, sondern man es sich geben lässt und gesittet wartet, bis es soweit ist. Wir haben tatsächlich nichts dagegen, wenn das baby dem Hund mal das ein oder andere Krümelchen gibt (die Pflegekinder haben an ihren ersten Tagen hier sogar unter Aufsicht die tägliche Fütterung übernommen), denn wer den Hund füttert bekommt natürlich auch ein kleines Stückchen Macht (übers Essen) und somit Respekt vom Hund. Auf der anderen Seite sollte man ein Kleinkind und auch ein größeres vielleicht nicht unbedingt mit einer Wiener unbeaufsichtigt zu den Hunden in den Garten schicken.
9. Eifersucht vemeiden ... ist nicht immer einfach, denn gerade anfangs beschäftigt man sich notgedrungen sehr oft mit dem Neuankömmling. Ich habe versucht Emma einzubinden ... beim Wickeln hat sie die Windel in den Eimer getan ... natürlich ging das auch ab und an daneben. Sie durfte mit kuscheln und das Baby beschnuffen und anschauen, so oft sie wollte (nicht anlecken, das kann ich einfach nicht leiden ;)) Ach und: meine Tochter brauchte keine Vitamin D - Tabletten ... denn sie war trotz des kalten Novembers damals mehrere Stunden am Tag draußen. Kopfarbeit mit den Hunden im Wohnzimmer geht übrigens super auch mit Baby und der Waupapa hat den ein oder anderen Gassigang auch übernommen.
10. Das (Baby)-Spielzeug ist tabu ... im Grunde kann das jeder so halten, wie er möchte, ich habe damit eine andere Gefahrensituation quasi gleich mit entkräften wollen. Zuerst nervt es nämlich, wenn das Spielzeug andauernd zerkaut ist (ja da gab es Tiefpunkte als Mini und Emma Nuckel geteilt haben - nervig die zerkaut um Hundekorb zu finden, lustig, wenn der Hund nen Nuckel im Mund hat), aber wenn die Hunde es dem Kind wegnehmen wollen, kann es auch zu sehr unschönen Situationen kommen, deshalb gibt es das hier nicht (mehr) ... Hundespielzeug nur noch draußen und auf Anweisung. Das funktioniert super und ich kann auch mal ne Babypuppe liegen lassen ohne danach ne neue kaufen zu müssen. (HABA ... teurer Kram :P) ... das Baby kann auf der anderen Seite auch mal nen Hundespielzeug in der Hand haben ohne das ich mir Sorgen machen muss, dass die Hand gleich ab ist. Generell ist es bei uns verboten drinnen zu spielen (Kopftraining ausgenommen) ... das liegt aber nicht am Baby, sondern daran, dass ich an meinem Mobiliar hänge - zwei Dobermänner die über Tisch und Bänke gehen hinterlassen nur noch Schutt und Asche :D
Die erste Begegnung: ganz oft werde ich gefragt, wie man das am besten Macht, ich habe mir viel durchgelesen und viele Ratschläge bekommen - von Windel hingeben bis Baby nackt auf den Boden legen war alles dabei. Wir sind einfach gleich Gassi gegangen als ich aus dem Krankenhaus kam und haben die Hunde am Baby schnuffen lassen (das Auto hat eh nur nach neuem Baby gerochen, selbst für mich) ... so haben sie es gleich mit etwas positiven Verbunden ... das Baby oder eine Windel hinzulegen kam für mich nicht in Frage, weil ich die Damen einfach gar nicht erst auf die Idee bringen wollte, es sei jetzt ihres ... die Mini ist und bleibt nämlich meine und alle hier stehen unter meinem Schutz ... allen die Fragen sage ich immer wieder, dass es auf den Hund ankommt. Nicht jeder Mensch ist gleich und genauso wenig ist es jeder Hund. In den ersten Wochen habe ich sehr darauf geachtet, dass die Weiber immer ausgelastet und zufrieden sind und gar nicht erst auf die Idee kommen, dass Baby könnte ihnen wertvolle Frauchenzeit rauben ... da muss man sich ggf. auch mal helfen lassen. Hier hat dieser Weg gut funktioniert.
Bei uns klappt das super, ein Kind ist - meiner Meinung nach - wirklich kein Grund einen Hund abzugeben. Mit etwas Konsequenz und Eigenmotivation klappt das auch mit dem ungestümen Dobermann-Teenager. Mittlerweile sind Emma und Mini ein absolutes Dreamteam. Meine Tochter hat den besten Bodyguard der Welt :) ... was das nächste Problem verursacht, denn Emma passt auf Hanna auf zu sehr für meinen Geschmack ... aber dessen sind wir uns bewusst und arbeiten daran. Es hört eben nie auf.
Mein Tipp für Mamis mit Haustieren: der Laufstall hat hier manchmal echt geholfen. Denn darin war die Mini beim Spielen auch mal sicher und ungestört, konnte üben sich ohne Hilfe zu drehen (der Hund hat nämlich auf dem Teppich immer nachgeholfen) ... wenn Emma das auch nicht immer so schön fand draußen zu sitzen.
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Nadja (Freitag, 05 Februar 2016 22:01)
Sehr schöner Artikel, Jenny. Wichtig ist wirklich Konsequenz auf beiden Seiten, es muss Regeln für die Hunde, aber auch für ein Kind geben. Denn ein Hund ist kein Stofftier.