***KOOPERATION***
Sandra Schindler ist Lektorin und Kinderbuchautorin. Sie lebt übrigens, ganz ähnlich wie wir, mit Hund und Kind am A*** der Welt. ;) Ihr erstes Buch "Der kleine Milchvampir" könnt ihr ab nächsten Monat käuflich erwerben. Ich durfte sie kurz vorher noch zum Autorendasein und dem Leben als Mama im Homeoffice befragen:
Hallo Sandra, stellst du dich kurz vor?
Ich bin Sandra Schindler, Mutter von zwei Kindern (3 und 5) und habe vor nicht allzu langer Zeit umgesattelt: Erst war ich Übersetzerin, dann Lektorin – und jetzt schreibe ich selbst.
Wie bist du ausgerechnet zu Kinderbüchern gekommen?
Ich hatte ein Problem: Das Stillen schlauchte mich von Tag zu Tag mehr. Ich war am Ende meiner Kräfte. Also habe ich ein Kinderbuch gesucht, das Stillkindern mit liebevollen Zeichnungen und netten Reimen das Abstillen schmackhaft macht. Aber es gab kein solches Buch. Also hab ich selbst eins geschrieben. Mein Milchvampir kommt am 9. September in den Handel. Beim Schreiben habe ich festgestellt, dass es mir unheimlich viel Spaß macht, mir Geschichten auszudenken – und bin dabei geblieben.
Wie funktioniert das mit den Büchern? Wie findet man einen Verlag, der sie veröffentlicht, und wird man dann reich?
Einen ordentlichen Verlag zu finden, ist alles andere als leicht. Es gibt ein paar wenige Autoren, die das Glück haben, dass ihre Geschichte aus dem Stapel der unaufgefordert eingesandten Manuskripte der Publikumsverlage heraussticht. Und deren Buch dann auch noch thematisch zu dem passt, was die Verlage gerade suchen.
Einen Verlagsvertrag bekommt man auch über einen Literaturagenten, der die Verlagssuche für die Autoren übernimmt. Aber auch die Agenten werden mit Manuskriptangeboten überschwemmt, haben oftmals nicht ausreichend Zeit für die vielen Autoren, die sie betreuen. Ganz selten höre ich auch mal von Kolleginnen, dass sie von ihrem Agenten begeistert sind und sich gut beraten bzw. vertreten fühlen. Die Regel ist das leider nicht.
Der dritte Weg ist der, den auch ich eingeschlagen habe: Mein erstes Buch erscheint bei einem kleineren, aber aufstrebenden Verlag, mit dessen durch und durch grünem Konzept ich mich von Anfang an identifizieren konnte. Ich kenne zumindest eine Autorin, die auch so begonnen hat. Es dauerte nicht lange, bis ein Publikumsverlag sich die Rechte an ihren drei Büchern gesichert hat. Ein solcher Durchbruch ist aber höchst selten.
Zum Thema reich und berühmt: Ich finde es witzig, dass viele Menschen das verbinden: Oh, sie hat ein Buch rausgebracht, also ist sie jetzt bald reich. Das stimmt leider nicht mit der Realität überein. Ich kenne einige Autorinnen, die sozusagen als gute Mittelfeld-Schreiberinnen bei den Verlagen gefragt sind, aber auch von denen können die wenigsten nur vom Schreiben leben, vom Luxusleben ganz zu schweigen.
Wer sich als Schriftsteller etablieren will, braucht neben guten Geschichten und einem ansprechenden Stil vor allem eins: eine Riesenportion Geduld.
Ich hab gelesen, dass du ständig mehrere Bücher auf einmal liest. Wieso? Kommt man da nicht durcheinander?
Also ehrlich gesagt schreibe ich auch immer mehrere Bücher auf einmal. Und dasjenige, das mich am meisten beschäftigt, das schreibe ich dann fertig.
Diese Angewohnheit mit dem Lesen, die hab ich schon lange. Ich schaue neugierig in ein Buch rein, dann werde ich abgelenkt und habe tagelang keine Zeit mehr dafür. Dann finde vielleicht zufällig ein anderes Buch, das mich in dem Moment mehr interessiert, also lese ich da rein. Aber wenn mich ein Thema wirklich beschäftigt oder ein Buch wirklich spannend ist, dann wird es den anderen angefangenen Büchern sofort vorgezogen.
Lektoren müssen sehr genau und penibel sein, bist du das auch zu Hause?
Na ja. Was die Sauberkeit angeht eher nicht. Entweder kann ich jeden Tag die Wohnung durchsaugen – oder ich kann schreiben. Beides funktioniert nicht. Also beschränke ich mich auf das Minimalprogramm. Wenn es zwischendurch mal ganz schlimm aussieht und ich keine Zeit habe, mit Putzzeug bewaffnet durch die Wohnung zu flitzen, schick ich den Saugroboter durch. Der ist wirklich eine große Hilfe.
Was die Sprache angeht: Da bin ich schon ziemlich genau, finde es auch ganz furchtbar, mich durch unlektorierte Bücher zu quälen (von ein paar trotzdem unterhaltsamen Ausnahmen mal abgesehen). Das kann ich auch schlecht abstellen. Aber ich bemühe mich, den Autokorrektor in meinem Kopf auszuschalten, wenn ich privat kommuniziere.
Du hast noch jede Menge Projekte in der Schublade. Verrätst du uns schon ein paar Details?
Puh, schwierig, denn ich kann dir noch nicht sagen, was ich als Nächstes angehen will. Ich weiß eigentlich nur, dass ich noch einen meiner beiden angefangenen Romane in diesem Jahr fertigstellen möchte. Der eine ist ein Kinderkrimi im Enid-Blyton-Stil (aber irgendwie dann doch hoffentlich wieder ganz anders), der andere wird ein Jugendbuch, in dem ein großes Vorbild von mir die Hauptrolle spielt. Ansonsten hab ich noch über 50 Buchideen auf meiner Liste. Mal sehen, was mich am meisten reizt. Das ist das, was dann mit der Zeit immer konkreter in meinem Kopf wird – bis ich es schließlich aufschreibe.
Ein paar fertige Geschichten hab ich auch noch. Wenn ich Zeit habe, gehe ich da auf Verlagssuche – bzw. bin teilweise auch schon dabei. Zwei Kinderbücher für die Kleinsten handeln von Ängsten, im dritten gehts ums Essen und im vierten um Höflichkeit.
Wie gestaltest du deinen Tag im Homeoffice?
Ich stehe auf, wenn alle anderen noch schlafen, momentan so zwischen halb 5 und 6. Dann netzwerke ich erst mal, bis die Familie aufsteht. Das heißt, ich beantworte Mails, schaue bei Facebook, Twitter, Xing und in ein paar Foren vorbei, in denen ich Mitglied bin. Wenn ich etwas beitragen bzw. jemandem helfen kann, dann tu ich das. Kann ich das nicht, dann lese ich einfach nur, was es Neues gibt – oder bitte selbst um Hilfe. Und ich kann sicher sein, dass ich ganz schnell mehrere Antworten von kompetenten Kolleginnen haben werde. Ein sehr wertvolles Netzwerk für uns Kinderbuchautoren ist die von Jutta Wilke gegründete Schreibwelt, ein anderes der Texttreff – für alle Frauen in Berufen, in denen Texte eine Rolle spielen.
Anschließend gibts Frühstück mit den Kids. Sind die im Kindergarten, gehts weiter. Dann kommt die eigentliche Arbeit, die Arbeit an Büchern. Momentan hab ich eins meiner inzwischen sehr seltenen Lektoratsprojekte. Sobald das beendet ist, werde ich mich fürs restliche Jahr und auch fürs nächste auf meine eigenen Bücher konzentrieren.
Mittags mache ich nach dem Essen einen langen Spaziergang mit dem Hund durch den Wald, manchmal nehme ich mir auch Zeit für Qigong, fürs Musikmachen oder andere Hobbys. Danach gehts noch mal weiter, da erledige ich wichtige Telefongespräche – oder schreibe Texte, so wie diesen hier.
Wenn die Kids kommen, haben die Priorität, weshalb ich nachmittags kaum zu erreichen bin. Gerade im Sommer sind wir oft unterwegs. Da mein Mann auch selbstständig ist, können wir problemlos mal einen Nachmittag im Schwimmbad oder mit einer Radtour verbringen. Allerdings sitze ich dann oft spätabends wieder am Computer, wenn die Kinder schlafen.
Hast du Tipps für andere Mompreneurs, die zu Hause arbeiten?
Eigentlich nur den, den ich auch selbst befolgen sollte. Leider schaffe ich es zugegebenermaßen noch nicht immer: Wenn ihr das Haus verlasst, lasst das Smartphone daheim. Und wenn ihr wieder da seid und euch mit den Kindern beschäftigt, rennt nicht alle paar Minuten zum Computer, um die Mails zu checken. Es ist nicht schlimm, wenn ihr eine Mail einen halben oder auch mal einen ganzen Tag später beantwortet. Etwas Spektakuläres und gleichzeitig Ultradringendes, das kommt doch wirklich so gut wie nie vor, oder?
Gönnt euch Auszeiten, selbst wenn ihr viel zu tun habt. Gerade dann ist es wichtig, immer mal ein paar Minuten Pause zwischendrin einzulegen, denn dann seid ihr letztendlich produktiver. Ich hab dafür sogar ein (kostenloses) Programm namens Workrave installiert. Okay, ich ignoriere es auch oft, aber grundsätzlich finde ich es schon toll, dass mich mein eigener Computer an Pausen erinnert. Und immer öfter höre ich auch auf ihn. Wenn er es nicht schafft, übernimmt der Hund diese Aufgabe.
Und so ganz generell: Lebt eure Träume, macht das, was ihr wirklich tun wollt. Man verbringt so viel Zeit mit der Arbeit, da ist es wichtig, dass man das tut, was einem wirklich Spaß macht. Denn nur wer Spaß hat, kann sich wirklich entfalten und seine gute Laune und sein positives Denken an andere weitergeben. Auch und ganz besonders an den Nachwuchs.
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Carola (Freitag, 26 August 2016 07:38)
Hallo Sandra, das ist ein cooles Interview! Aber du sagst, daß du nicht reich wirst mit deinen Büchern, Darf ich fragen, wie ihr über die Runden kommt? Ich will auch sooooo gern Kinderbücher schreiben, aber wir müsssen beide ganztags arbeiten :((( und dann auch noch unsere zwei Kinder ..... Liebe Grüsse von Carola
Sandra Schindler (Freitag, 26 August 2016 16:50)
Danke, liebe Carola. Ja, das mit der vielen Arbeit nebenbei und den kleinen Kindern, das kenne ich auch.
Momentan ist es so, dass ich nebenher ab und an noch Bücher lektoriere - und mein Mann bringt ja auch noch Geld nach Hause. Das reicht aus, wenn man keine Miete zu bezahlen hat. :)
Wenn dein Herz dran hängt, dann versuch dich doch einfach mal dran, wenn die Kids schon oder noch schlafen. So mach ich das auch. Dann kommen die Testleser, dann die Verlags- oder Agentensuche. Immer schon ein Schritt nach dem anderen ...
Viel Erfolg und viele gute Ideen wünsche ich dir!
Sandra